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 Übersetzung

Maschinelle Übersetzung: Ein Ersatz für den Menschen?

Künstliche Intelligenz oder genauer gesagt tiefe neuronale Netzwerke und maschinelles Lernen verändern unser Leben. Das DeepMind-Projekt von Google hat weltweit Schlagzeilen gemacht und der Öffentlichkeit gezeigt, was in den Entwicklungslabors vor sich geht. Das Computerprogramm AlphaGo, entwickelt vom Google DeepMind-Team, ist ein gutes Beispiel. Das Programm hat kürzlich Lee Se-dol, einen Go-Spieler von Weltklasse, geschlagen und damit ein Ereignis antizipiert, das man eigentlich erst in vielen, vielen Jahren erwartetet hatte, da das Spiel einen hohen Grad an Intuition erfordert (es gibt mehr mögliche Positionen auf dem Spielfeld als Atome im Universum!).
Aber wie sieht es mit Dingen aus, die wir bereits täglich nutzen? Maschinelle Übersetzung (MÜ) ist ein Beispiel für die Anwendung von Algorithmen aus dem Gebiet der künstlichen Intelligenz auf reale Problemstellungen. Sie ist keine abstrakte Randtechnologie, sondern ein Tool, das uns tagtäglich unterstützt: bei der Arbeit und in der Freizeit.

Eine kurze Geschichte der maschinellen Übersetzung

IBM 701

Der IBM 701

Um den aktuellen Status der maschinellen Übersetzung zu verstehen, macht es Sinn, sich die Wurzeln dieser Technologie näher anzusehen. Die Idee für das Konzept maschineller Übersetzung entstand kurz nach dem Zweiten Weltkrieg und hat eine enge Verbindung zur Kryptografie. Aber schon von Beginn an gab es Widerstand. J.E. Holmström schrieb 1951 in einem Bericht für die UNESCO, dass „ein schrecklicher literarischer Stil entstehen würde, versehen mit viel mehr ‚Brüllern‘ und falschen Zuweisungen, als das schauderhafteste Ergebnis, das ein menschlicher Übersetzer je produzieren könnte“. Er behauptete ebenso:„Übersetzung ist eine Kunst“ – was uns zu der interessanten, nach wie vor heiß diskutierten Frage führt, ob Maschinen jemals in der Lage sein werden, Kunst zu produzieren? Nur wenige Jahre nach dem Kommentar von J.E. Holmström wurde zum ersten Mal ein maschinelles Übersetzungssystem vorgestellt. Das Ereignis fand 1954 statt. Die US-amerikanische Georgetown University und IBM hatten sich zu einer Kooperation zusammengeschlossen und einen russischen Text maschinell ins Englische übersetzt. Es war durchaus ein Erfolg – zumindest, wenn man der IBM Pressemitteilung Glauben schenkt – und schraubte die Erwartungen an die Leistungsfähigkeit von MÜ in den kommenden Jahren in die Höhe. Aber wie bei so vielen aufregenden, neuen Technologien ließ der Fortschritt auf sich warten. Wenn Sie mehr über die Ursprünge maschineller Übersetzung erfahren möchten, bietet die Abhandlung von John Hutchins aus dem Jahr 1997, Translation Technology and the Translator, interessante Einblicke.

Aufstieg der Maschinen

Viele der komplexen Probleme, die in den Kindertagen dieser Technologie diskutiert wurden, sind nach wie vor ungelöst – zum Beispiel die Notwendigkeit, dass MÜ in der Lage sein muss, die reine Wortebene zu verlassen. Bei einer Übersetzung muss jedes Wort bezogen auf den Kontext sorgfältig geprüft werden. Redewendungen und Besonderheiten bestimmter Fachgebiete sorgen dafür, dass die vollständig automatisierte maschinelle Übersetzung in hoher Qualität eine äußerst schwierig zu meisternde Disziplin ist: Eine Sportreportage und ein Marketingtext sind zwei völlig verschiedene linguistische Welten. Ein Programm zu schreiben, das den Ausgangstext versteht, genau wie ein Mensch, und ihn unter Berücksichtigung kultureller Aspekte in einer anderen Sprache reproduziert, ist eine Herkulesaufgabe. Und deshalb werden Computer in absehbarer Zukunft nicht in der Lage sein, die Übersetzungsbranche zu übernehmen.
Dieser interessante Beitrag von David Raab von Martech Advisor untersucht, welche Berufskategorien der Computerisierung zum Opfer fallen könnten. Er greift die Idee auf, dass je kreativer und intuitiver eine Tätigkeit ist, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sie schon bald ersetzt werden wird.

Job Threat by David Raab

Die Frage, ob Computer reif sind, menschliche Kreativität zu ersetzen, wird auch in einem Bericht von McKinsey & Co aus dem Jahr 2016 näher beleuchtet. Die Unternehmensberatung hat untersucht, welche Tätigkeiten potenziell durch aktuelle Technologien automatisiert werden könnten. Das Ergebnis: Schon jetzt sind zahlreiche Tätigkeiten für die Automatisierung bereit – vielleicht mehr, als wir denken.

McKinsey Automation

Aber stehen wir vor einer Revolution in der Automatisierung? Einige sind der Ansicht, dass wir auf der Schwelle zu einem Quantensprung in der Automatisierung stehen. Ähnlich wie die erste Automatisierungswelle, in der zahlreiche handwerkliche Berufe ersetzt wurden, könnte die nächste Welle möglicherweise Jobs in der Dienstleistungsbranche kosten. Die Liste der Beispiele scheint endlos zu sein: Uber investiert Millionen in automatisiertes Fahren, um die Menschheit voranzubringen. Xero ist vermutlich der Grund für die Annahme von Price Waterhouse Coopers (PWC), dass Buchhaltung zu den wahrscheinlichsten Aufgaben gehört, die in den nächsten 20 Jahren automatisiert werden. Und die Washington Post nutzte einen Algorithmus, um während der Olympischen Spiele 2016 Artikel zu verfassen.

Aber hinter diesen Beispielen steht immer die Motivation, menschliche Ressourcen in produktiveren Bereichen einzusetzen. Oder wie Jeremy Gilbert, Leiter der strategischen Initiativen bei der Washington Post, sagt: „Wir wollen Reporter nicht ersetzen, wir wollen ihnen mehr Freiraum geben“.

Olympics Bot

Dieser Roboter hat seinen Job verloren.

Übersetzer vs. Maschinen

Lassen Sie uns vorab eines klarstellen: Hochwertige Übersetzungen werden in absehbarer Zeit nicht durch Computer ersetzt werden. Damit Content im Zeitalter von Werbeblockern eine Chance hat seine Zielgruppe zu erreichen, muss er unterhaltsam, erkenntnisreich und wertvoll sein. Und dafür ist Originalität, Einfühlungsvermögen und ein hohes Maß an Kreativität gefordert. Wie wir bereits in unserem Blogbeitrag „Bewegen Sie durch Sprache Ihre Kunden und schaffen Sie ein positives Kundenerlebnis“ untersucht haben, gibt es zahlreiche, komplexe Faktoren, die man bei der Erstellung mehrsprachiger Inhalte berücksichtigen muss. Maschinelle Übersetzung ist nicht so ausgereift, dass sie in der Lage wäre, Kunden zu gewinnen – denn Kunden wünschen flüssige Kommunikation, die kulturelle und stilistische Faktoren berücksichtigt. Dies vorausgeschickt, gibt es einige wichtige Punkte, die zu berücksichtigen sind, wenn man maschinelle Übersetzung optimal nutzen möchte:

Wird die Software fehlerfrei arbeiten?

Jeder macht Fehler. Aber oftmals machen Computer weniger Fehler als Menschen. Je einfacher die Aufgabe, umso besser kann sie vom Computer erfüllt werden. Selbst die Ausführung komplexer Aufgaben, wie zum Beispiel Autofahren, kann durch Automatisierung verbessert werden. Die computerunterstützten Fahrzeuge von Tesla sind in den USA 209 Millionen Kilometer gefahren, bevor es zum ersten tragischen Todesfall kam. Bei herkömmlichen Autos liegt dieser Wert bei 151 Millionen Kilometern. Auch wenn man das Kompetenzniveau der Tesla-Fahrer in der Gleichung nicht berücksichtigt, die Schlussfolgerung ist klar: Computer können menschliche Fehler reduzieren. Aber würden Sie Ihre Marke einem Computer anvertrauen? Einer spanischen Kleinstadt namens As Pontes unterlief einmal ein maschineller Übersetzungsfehler, der um die Welt ging. Und dabei reden wir noch nicht einmal darüber, ob maschinelle Übersetzung in der Lage ist, die spezielle Tonalität einer Marke zu erfassen.

Erkennt eine Maschine kulturelle und historische Unterschiede?

In der deutschen Produktbeschreibung einer Brieftasche könnte man zum Beispiel sagen, dass sie Platz für einen Personalausweis bietet. Aber dies im Englischen als "identity card" zu übersetzen, für Länder, in denen ein solcher Ausweis nicht existiert, zum Beispiel in Australien, im Vereinigten Königreich, in Neuseeland und den USA, würde befremdlich klingen, auch wenn der Begriff einen Sinn ergibt. Solche Unterschiede gibt es nach wie vor in Hülle und Fülle, auch wenn die Welt, metaphorisch gesehen, näher zusammenrückt. Ein tieferes kulturelles Verständnis ist deshalb bei der Schaffung mehrsprachiger Inhalte umso wichtiger. Zwei Sprachen zu beherrschen, heißt nicht unbedingt, dass man ein guter Übersetzer ist. Um den Sinn von Texten flüssig in eine andere Sprache übertragen zu können, sind viele Jahre Erfahrung und kontinuierliches Lernen erforderlich. Man könnte es so ausdrücken: Professionelle Übersetzer erfüllen Worte mit Leben.

Mobile and Device Use

Versteht ein Computer kulturelle und historische Unterschiede?

Was ist mit vertraulichen Daten?

Das allgegenwärtige, maschinelle Übersetzungswerkzeug Google Translate ist ein gutes Beispiel, wenn man das Thema Vertraulichkeit unter die Lupe nimmt. Alle über translate.google.com übersetzten Inhalte werden von Google gespeichert. Es besteht also immer das Risiko, dass sie in die falschen Hände geraten. Verwendet man jedoch Google-API, einen kostenpflichtigen Dienst, garantiert Google die Vertraulichkeit.

Wann sind Kompromisse bei der Übersetzungsqualität akzeptabel?

Für alle, die sich mit dem Gedanken tragen, maschinelle Übersetzung einzuführen, ist dies die Frage aller Fragen. Die Lösung ist kostengünstiger und schneller als eine menschliche Übersetzung – aber die Qualität wird nicht das Niveau eines professionellen Übersetzers erreichen. Andererseits gibt es nicht genügend Übersetzer, um das hohe Volumen an Inhalten im Internet zu übersetzen. Deshalb ist das Festlegen von Prioritäten in Bezug auf Qualität und Menge eine Möglichkeit, maschinelle Übersetzung so zu nutzen, dass sie Wert generiert.

Das Diagramm unten zeigt einige grundlegende Gruppierungen von Inhalten und welche Art der Übersetzung dafür geeignet sein kann. Inhalte, die äußerst präzise sein müssen, erfordern menschliche Übersetzung. Bei Inhalten, die mit höherer Frequenz veröffentlicht werden und nicht die gleichen Qualitätsanforderungen haben, ist eine maschinelle Übersetzung, die von einem professionellen Übersetzer nachbearbeitet wird, eine plausible Möglichkeit. Und bei Inhalten mit hohem Durchsatz, zum Beispiel Kundensupport in Social Media, könnte sogar die unbearbeitete maschinelle Übersetzung ausreichend sein.

MT Use Cases Graphic DE

Zusammenfassung

Die Technologie wird sich zunehmend in Richtung Automatisierung weiterentwickeln. Einige Arbeitsplätze werden verloren gehen, aber neue in größerer Anzahl entstehen, wenn die Technologie es ermöglicht, dass wir uns anspruchsvolleren Aufgaben zuwenden. Wie im Fall des Geldautomaten, der seit den 1970er Jahren eine enorme Verbreitung erfahren hat. Man könnte annehmen, dass sich dadurch die Anzahl an Bankmitarbeitern auf nahezu Null reduziert hätte – aber genau das Gegenteil ist der Fall.

Das Gleiche gilt für maschinelle Übersetzung. Sie wird bereits heute bei der Kommunikation mit Kunden für einfache Übersetzungsaufgaben eingesetzt. Aber Marken, die sich aus der Masse hervorheben möchten, müssen nach wie vor mit einem erfahrenen Team an Projektmanagern und Sprachexperten zusammenarbeiten. Maschinelle Übersetzung ist durchaus sinnvoll: als Schreibhilfe, für Routineinhalte, oder wenn man einen groben Überblick über einen fremdsprachlichen Text benötigt. Darüber hinaus ist es ein Können für sich, in Ihrem Geschäft Bereiche zu finden, die von MÜ profitieren könnten, und das Tool wertschöpfend einzusetzen. Dabei ist jedoch eines wichtig: Texte, die eine Beziehung zum Kunden aufbauen sollen, benötigen professionelle Übersetzer.